Grenzauflösungen: Arbeit, Aktivität und Freiwilligkeit im digitalisierten Kapitalismus
Mit der wachsenden Bedeutung digitaler Plattformen werden Aktivitäten für die Wertschöpfung bedeutsam, die sich dadurch auszeichnen, dass sie nicht als reguläre Lohnarbeit organisiert sind, häufig jenseits der sprichwörtlichen Fabrikmauern stattfinden und oftmals auch nicht als Arbeit empfunden werd...
| VerfasserInnen: | ; ; |
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| Medienart: | Elektronisch Aufsatz |
| Sprache: | Deutsch |
| Veröffentlicht: |
2025
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| In: |
Berliner Journal für Soziologie
Jahr: 2025, Band: 35, Heft: 2, Seiten: 213-241 |
| Online-Zugang: |
Volltext (kostenfrei) |
| Journals Online & Print: | |
| Verfügbarkeit prüfen: | HBZ Gateway |
| Schlagwörter: |
| Zusammenfassung: | Mit der wachsenden Bedeutung digitaler Plattformen werden Aktivitäten für die Wertschöpfung bedeutsam, die sich dadurch auszeichnen, dass sie nicht als reguläre Lohnarbeit organisiert sind, häufig jenseits der sprichwörtlichen Fabrikmauern stattfinden und oftmals auch nicht als Arbeit empfunden werden. Es ist eine Verflüssigung der Grenze zwischen Arbeit und Leben zu beobachten, die sich als Charakteristikum des plattformbasierten, digitalisierten Gegenwartskapitalismus beschreiben lässt. Das klassische Transformationsproblem kapitalistischer Ökonomien - die Transformation von Arbeitskraft in Arbeitsleistung - stellt sich unter diesen Bedingungen, so die Diagnose des Beitrags, in erweiterter und neuer Weise: Es geht darum, nicht nur regulär entlohnte Arbeitskraft in konkrete Arbeitsleistung zu überführen, sondern (auch) Freizeit in produktives Engagement, private soziale Netzwerke in Werbung, Kommunikation oder Bewegung in Daten, zeitliche Lücken in "Tasks" oder Konsum in Produktentwicklung. Da diese Tätigkeiten zumeist keiner direkten betrieblichen Kontrolle unterliegen, stellt sich die Frage, wie sie angereizt, gesteuert und dem Unternehmenszweck zugeführt werden. Wenn es um die Klärung des damit verbundenen Steuerungsproblems geht, wird in der einschlägigen Literatur häufig auf den freiwilligen Erbringungsmodus hingewiesen. Auffällig ist dabei, dass Freiwilligkeit zumeist als Konzept (voraus-)gesetzt und zugleich als Handlungsmodus entproblematisiert wird. Ziel des Beitrags ist es deshalb, den Bogen vom Wertschöpfungsmodus der Kooptation lohnarbeitsexterner Ressourcen zur systematischen Analyse von Freiwilligkeit als Handlungsmodus und Regierungstechnologie in der digitalen Ökonomie zu schlagen. Dafür werden in zwei Schritten Modi der Subjekt- und Kontextsteuerung analysiert, die explizit auf freiwilliges Handeln zielen, um abschließend Ambivalenzen und Grenzen von Freiwilligkeit für Prozesse der Wertschöpfung im digitalen Kapitalismus zu diskutieren. With the growing significance of digital platforms, value-creating activities are becoming important that are not organized as regular wage labor, often take place beyond the proverbial factory walls and are frequently not perceived as work. A blurring of the boundary between work and life can be observed, which can be described as a characteristic of platform-based, digitalized contemporary capitalism. Under these conditions, the classic transformation problem of capitalist economies - the conversion of labor power into labor output - arises in an expanded and novel manner: It is not "just" a matter of converting regularly renumerated labor power into actual labor output, but (also) of converting leisure time into productive engagement, personal social networks into advertising, communication or movement into data, temporal gaps into "tasks" or consumption into product development. As these activities do not usually lend themselves to direct operational control, the question arises how they are incentivized, directed, and aligned with a company’s purpose. When addressing the associated governance problem, the relevant literature often refers to the voluntary mode of provision. It is striking, however, that voluntariness is mostly taken for granted as a concept and, at the same time, deproblematized as a mode of action. The aim of the article is, therefore, to bridge the gap between the value-creating mode of co-opting labor-external resources to the systematic analysis of voluntariness as a mode of action and governance technology in the digital economy. To this end, modes of subject and context control that explicitly target voluntary action are analyzed in two steps, leading up to a discussion of the ambiguities of voluntariness and its limits regarding processes of value creation in digital capitalism. |
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| ISSN: | 1862-2593 |
| DOI: | 10.1007/s11609-025-00570-7 |
