Thermische Intrasubjektivität. Eine Soziologie des Schwitzens: Thermal intrasubjectivity. A sociology of sweating
Dieser Beitrag entwickelt eine soziologische Perspektive auf das Phänomen des Schwitzens. Statt es als rein biologische Reaktion zu verstehen, untersucht der Artikel, wie es zum Bestandteil und Effekt von Machtbeziehungen wird. In Auseinandersetzung mit dem Konzept der thermischen Gewalt (Nicole Sta...
Main Author: | |
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Format: | Electronic Article |
Language: | German |
Published: |
2025
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In: |
Berliner Journal für Soziologie
Year: 2025, Volume: 35, Issue: 2, Pages: 243-265 |
Online Access: |
Volltext (kostenfrei) |
Journals Online & Print: | |
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Keywords: |
Summary: | Dieser Beitrag entwickelt eine soziologische Perspektive auf das Phänomen des Schwitzens. Statt es als rein biologische Reaktion zu verstehen, untersucht der Artikel, wie es zum Bestandteil und Effekt von Machtbeziehungen wird. In Auseinandersetzung mit dem Konzept der thermischen Gewalt (Nicole Starosielski) und dem "model case" der Sweatbox wird gezeigt, dass der Gewaltbegriff an seine Grenzen stößt, wenn es zu alltäglichen Aushandlungsprozessen thermischer Machtbeziehungen kommt. Um den umweltlichen Charakter und die Materialität des Schwitzens denken zu können, wird Karen Barads Begriff der Intra-Aktion mit Blick auf thermische Phänomene kritisch diskutiert. Als ein spezifischer Modus der Intra-Aktion wird der Begriff der thermischen Intrasubjektivität vorgeschlagen, der auf die Machteffekte sensorischer Relationen zielt. Der Begriff beschreibt die prekäre Gleichzeitigkeit von Entsubjektivierungsprozessen durch Hitze einerseits und deren subjektivierenden, fixierenden Wirkungen andererseits. An historischen Beispielen werden die differenzerzeugenden Effekte des Schwitzens - u. a. seine Bedeutung für körperliche Arbeit, für vergeschlechtlichte Hygieneregime und rassifizierende Diskurse - herausgearbeitet. Derlei Machtbeziehungen wirken durch sensorische Umwelten, deren Bedeutung nicht zuletzt mit Blick auf die Zunahme von Hitzewellen an Brisanz gewinnen dürfte. This article develops a sociological perspective on sweating. Instead of understanding it as a purely biological reaction, the article examines sweating as embedded—that is, as component and effect of—power relations. Through an examination of Nicole Starosielski’s concept of thermal violence and its model case of the sweatbox, the limits of the violence framework are shown when it comes to capturing everyday thermal power dynamics. To account for the environmental and material dimensions of sweating, the article critically engages with Karen Barad’s concept of intra-action, highlighting its implications for thermal phenomena. Building on this, the concept of thermal intrasubjectivity is introduced to analyze the power effects of sensory processes. This concept captures the simultaneous processes of, on the one hand, desubjectification through heat as well as, on the other hand, subjectivation by way of the fixating effects of thermal exposure. Drawing on historical examples, the paper outlines the difference-producing effects of sweating, including its role in the organization of physical labor, gendered hygiene regimes, and racializing discourses. Such power relations are embedded in sensory environments—an issue of growing urgency in the context of escalating heat waves. |
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ISSN: | 1862-2593 |
DOI: | 10.1007/s11609-025-00558-3 |