KO-Tropfen und "date rape" – Verabreichung von Drogen zur Begehung von Sexualstraftaten
Der Einsatz von KO-Tropfen zur Begehung von Straftaten wirft eine komplexe Problematik auf, die auf mehreren Ebenen, diagnostisch, polizeilich, straf- und entschädigungsrechtlich, Auswirkungen hat. Die Drogen verursachen Störungen des Bewusstseins, der Wahrnehmung und rufen anterograde Amnesien herv...
1. VerfasserIn: | |
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Medienart: | Druck Aufsatz |
Sprache: | Deutsch |
Veröffentlicht: |
2007
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In: |
Zeitschrift für Psychotraumatologie, Psychotherapiewissenschaft, psychologische Medizin
Jahr: 2007, Band: 5, Heft: 4, Seiten: 35-46 |
Journals Online & Print: | |
Verfügbarkeit prüfen: | HBZ Gateway |
Schlagwörter: |
Zusammenfassung: | Der Einsatz von KO-Tropfen zur Begehung von Straftaten wirft eine komplexe Problematik auf, die auf mehreren Ebenen, diagnostisch, polizeilich, straf- und entschädigungsrechtlich, Auswirkungen hat. Die Drogen verursachen Störungen des Bewusstseins, der Wahrnehmung und rufen anterograde Amnesien hervor. Trotzdem entwickeln date-rape-Opfer Symptome einer traumatischen Belastungsstörung. Die Frage, wie peritraumatische Bewusstlosigkeit und traumatische Belastungsstörungen zusammenhängen, erhält in dieser Konstellation wieder Aktualität. Diese Arbeit befasst sich mit der Fragestellung, ob und wie trotz peritraumatischer Bewusstlosigkeit eine traumatische Belastungsstörung entstehen kann. Im folgenden Beitrag wird der aktuelle Forschungsstand über date rape, acquintance rape und den Einsatz von Drogen zusammengefasst. Es wird auf die Problematik der Differentialdiagnose einer traumatischen Belastungsstörung hingewiesen, insbesondere bei der Feststellung des Trauma-Kriteriums und der Eingrenzung intrusiver Phänomene. Untersuchungen mit TBI (Traumatic Brain Injury)-Patienten zeigen, dass trotz peritraumatischer Bewusstlosigkeit eine Kodierung der traumatischen Erfahrung im impliziten Gedächtnis stattfinden kann. Diese Annahme wird untermauert durch neurobiologische Erkenntnisse der Gedächtnisforschung psychotraumatischen Belastungsreaktionen, die einen Zusammenhang zwischen peritraumatischer Dissoziation und Beeinträchtigungen der Gedächtnisleistung behaupten. Es werden neurobiologische Modellvorstellungen der posttraumatischen Belastungsstörung herangezogen, um zu zeigen, dass die mit Hilfe von KO-Tropfen künstlich herbeigeführte Dissoziation eine Entkopplung des expliziten Gedächtnisses vom impliziten Gedächtnis hervorruft und eine Fragmentierung des traumatischen Gedächtnisses zur Folge haben kann. Die traumatische Erfahrung wird in das aufgespaltete Traumaschema gespeichert. Bei Aktivierung des Traumaschemas wird der traumatische Zustand mit seinen sensorischen, affektiven, motorischen und kognitiven Komponenten aktiviert. Es kommt zu einer Reproduktion der traumatischen Erfahrung mit Wiederbelebung der raum- und zeitlosen traumatischen Erinnerungsfragmente. In der Therapie von Betroffenen wird eine korrekte ätiologische Zuweisung der Beschwerden für den Erfolg der Therapie von zentraler Bedeutung sein. Ist der traumatische Hintergrund der Störung nicht erkannt worden, kann es keine relevante Änderung der Übertragungsbeziehung bewirkt werden. |
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ISSN: | 1865-3766 |