Glücksspiel: Zahlen und Fakten

Die Umsätze (Spieleinsätze) auf dem legalen Glücksspiel-Markt sind in 2023 im Vergleich zum Vorjahr um 19,5 % auf knapp 63,5 Mrd. Euro gestiegen. Das Marktvolumen liegt damit deutlich höher als vor der Corona-Pandemie (42,6 Mrd. Euro in 2019). Der Anstieg ist vor allem auf die Legalisierung von Spor...

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Bibliographische Detailangaben
VerfasserInnen: Meyer, Gerhard 1952- (VerfasserIn) ; Hayer, Tobias 1974- (VerfasserIn)
Medienart: Druck Aufsatz
Sprache:Deutsch
Veröffentlicht: 2025
In: DHS Jahrbuch Sucht ; 2025
Jahr: 2025, Seiten: 93-114
Verfügbarkeit prüfen: HBZ Gateway
Schlagwörter:
Beschreibung
Zusammenfassung:Die Umsätze (Spieleinsätze) auf dem legalen Glücksspiel-Markt sind in 2023 im Vergleich zum Vorjahr um 19,5 % auf knapp 63,5 Mrd. Euro gestiegen. Das Marktvolumen liegt damit deutlich höher als vor der Corona-Pandemie (42,6 Mrd. Euro in 2019). Der Anstieg ist vor allem auf die Legalisierung von Sportwetten im Oktober 2020 und virtuellem Automatenspiel/Online-Poker im Juli 2021 zurückzuführen. Größter Umsatzträger sind die in Spielhallen und gastronomischen Betrieben aufgestellten gewerblichen Geldspielautomaten mit rund 21 Mrd. Euro (unverändert). Die Bruttospielerträge des regulierten Marktes erreichten ein Volumen von 13,7 Mrd. Euro (plus 2,2 %). Auf dem nicht-regulierten Markt wurde ein geschätzter Ertrag von 400 bis 600 Mio. Euro erzielt. Die glücksspielbezogenen Einnahmen des Staates lagen in 2023 nahezu unverändert bei 6,6 Mrd. Euro. Nach der aktuellen, in 2023 durchgeführten Erhebung zur 12-MonatsPrävalenz der Spielteilnahme der Bevölkerung haben sich 36,5 % der 16- bis 70-Jährigen an irgendeinem Glücksspiel beteiligt, ein Anstieg um 6,8 %-Punkte (%P) im Vergleich zu 2021. Am häufigsten wurde mit 19,8 % Lotto 6 aus 49 gespielt (plus 0,5 %P), gefolgt von Soziallotterien mit 14,5 % (plus 7,9 %P) und Eurojackpot mit 13,0 % (plus 2,3 %P). Die Teilnahmeprävalenz an Glücksspielen mit hohem Suchtpotenzial ist deutlich geringer ausgeprägt: Auf Sportereignisse mit Festquoten wetteten 2,5 % der Befragten (minus 0,8 %P), 1,9 % spielten an Geldspielautomaten (minus 0,1 %P), 1,1 % wetteten live auf Sportereignisse (minus 0,3 %P), 0,5 % beteiligten sich an Online-Automatenspielen (neue Kategorie) und 0,9 % spielten Roulette in Spielbanken (unverändert). Auf Grundlage eines Screenings glücksspielbezogener Probleme weisen 2,4 % der Befragten nach den Kriterien des DSM-5 eine „Störung durch Glücksspielen“ auf (2021: 2,3 %). Eine leichte Störung ist bei 1,0 %, eine mittlere Störung bei 0,7 % und eine schwere Störung bei 0,7 % feststellbar. Weitere 6,1 % zeigen ein riskantes Spielverhalten. Bezogen auf einzelne Spielformen sind Spielerinnen und Spieler an virtuellen Automatenspielen mit 32,8 % am häufigsten von einer glücksspielbezogenen Störung betroffen, gefolgt von Live-Sportwetten mit 31,8 %, Poker mit 26,9 % sowie Geldspielautomaten mit 25,5 %. Insgesamt 6,7 % der Befragten kennen eine oder mehrere Personen in ihrem Familien-, Freundes- und Bekanntenkreis, für die das Glücksspiel zu einer Belastung oder einem Problem geworden ist. Die Deutsche Suchthilfestatistik 2023 für ambulante Suchthilfeeinrichtungen beziffert die Anzahl der Betreuungszugänge (ohne Einmalkontakte) mit Einzeldiagnose „Pathologisches Spielen“ auf 5.655, diejenigen mit entsprechender Hauptdiagnose auf 4.850 (2022: 5.872 bzw. 5.081). Der Frauenanteil unter den Hauptdiagnosen liegt bei 10,8 %. Ferner betragen die Anteile bezogen auf die jeweilige Gesamtzahl der Fälle mit dokumentierter Einzel- bzw. Hauptdiagnose 3,7 % bzw. 3,3 %. Unter Einbeziehung aller Betreuungen mit Einmalkontakten wurden 9.765 Einzel- und 8.152 Hauptdiagnosen registriert. Eine Hochrechnung auf die Gesamtzahl der betreuten Fälle mit Einmalkontakten in 1.199 ambulanten Suchthilfeeinrichtungen verweist auf rund 13.000 Fälle mit entsprechender Einzeldiagnose (Hauptdiagnose: 11.300). Für Fälle, bei denen die Spielform dokumentiert ist, sind „Geldspielautomaten in Spielhallen“ mit 39,7 % die häufigste Hauptspielform, gefolgt von den beiden Online-Formaten des „Automatenspielens“ und der „Sportwetten“ mit 20,1 % bzw. 9,7 %. Ein polyvalentes Spielverhalten, und damit keine eindeutig zuordenbare Hauptspielform, wird bei 5,7 % aller Fälle mit dokumentierter Spielform erfasst. Differenzierte Klienteldaten aus dem ambulanten Glücksspielsuchthilfesystem aus Niedersachsen verweisen im Zeitverlauf zum einen darauf, dass Online-Glücksspiele immer häufiger als problemverursachende Spielformen benannt werden. Zum anderen sind gängige Risikofaktoren wie Migrationshintergrund, Erwerbslosigkeit oder geringe formale Bildung bei Online-Glücksspielen kaum von Bedeutung. Schließlich umfasst die Deutsche Suchthilfestatistik 2023 für stationäre Einrichtungen 1.133 registrierte Einzelund 458 Hauptdiagnosen „Pathologisches Spielen“. In der Datenbank des Spielersperrsystems OASIS, das mit dem Glücksspielstaatsvertrag 2021 (§ 8) zum 1. Juli 2021 als bundesweit zentrales, spielformübergreifendes Sperrsystem eingeführt wurde, waren Ende 2023 insgesamt 245.130 Sperreinträge gespeichert, davon beruhten 235.750 (96,2 %) auf einer Selbstsperre und 9.380 (3,8 %) auf einer Fremdsperre. In der Gesamtbetrachtung verlangen die vorliegenden Erkenntnisse aus der Wissenschaft, das Glücksspiel als ein Problem der öffentlichen Gesundheit (Public Health Ansatz) zu behandeln, ähnlich wie es bei anderen Konsumgütern mit Suchtgefahren der Fall ist. Interessen des Gemeinwohls sollten immer gegenüber den wirtschaftlichen Partikularinteressen der Glücksspielbranche Priorität genießen.
The turnover (stakes) of the legal gambling market has increased in 2023 by 19.5 % to almost EUR 63.5 billion compared to the previous year. The market volume is significantly higher than before the corona pandemic (EUR 42.6 billion in 2019). This increase is mainly due to the legalization of sports betting in October 2020 and virtual slot machines/online poker in July 2021. Private amusement with prizes (AWP) machines in arcades and pubs are the largest source of turnover at around EUR 21 billion (unchanged). The gross gambling revenue of the regulated market reached a volume of EUR 13.7 billion (plus 2.2%). An estimated revenue of EUR 400 to 600 million is generated by the non-regulated market. The state gambling revenue was almost unchanged at EUR 6.6 billion in 2023. According to a population survey carried out in 2023 that measured the 12-month prevalence of gambling participation, 36.5 % of the respondents aged 16 to 70 participated in any form of gambling, representing an increase of 6.8 % point (%p) compared to 2021. The most common form was Lotto 6 out of 49 with 19.8 % (plus 0.5 %p), followed by Social Lotteries with 14.5 % (plus 7.9 %p) and Eurojackpot with 13.0 % (plus 2.3 %p). The prevalence of participation in gambling forms with high addiction potential was significantly less common: 2.5 % of the respondents betted on sporting events with fixed odds (minus 0.8 %p), 1.9 % gambled on AWP machines (minus 0.1 %p), 1.1 % participated in live-action sports betting (minus 0.3 %p), 0.5 % gambled in online slot machines (new category) and 0.9 % played roulette in casinos (unchanged). Based on a screening of gambling-related problems, it is estimated that 2.4 % of the respondents suffer from a “gambling disorder” according to DSM-5 criteria (2021: 2.3 %). A mild disorder could be found in 1.0 %, a moderate disorder in 0.7 % and a severe disorder in 0.7 %. A further 6.1 % indicate at-risk gambling behavior. In terms of individual forms of gambling, gamblers of virtual slot machines are the most frequently affected by a gambling-related disorder with 32.8 %, followed by live sports betting with 31.8 %, poker with 26.9 % and AWP machines in arcades and pubs with 25.5 %. A total of 6.7 % of the population know one or more individuals in their circle of family, friends and acquaintances for whom gambling has become a burden or a problem. The German Addiction Treatment Statistics 2023 for outpatient addiction care facilities specifies the number of single diagnoses of “pathological gambling” (entrants without one-time contacts) to 5,655, and of main diagnoses to 4,850 (2022: 5,872 or 5,081, respectively). The proportion of women among main diagnosis was 10.8 %. In addition, the proportion related to the total number of clients was 3.7% or 3.3 %, respectively. Including all clients with one-time contacts, 9,765 individual diagnoses and 8,152 main diagnoses were registered. An extrapolation to the total number of gamblers in 1,199 outpatient centres (with one-time contacts) refers to 13,000 cases with single diagnoses (main diagnoses: 11,300 cases). The biggest group is represented by AWP machine gamblers in arcades with 39.7 %, followed by slot machine gamblers and sports bettors on the Internet with 20.1 % and 9.7 %. Furthermore, 5.7 % of clients report polyvalent gambling behavior. Differentiated client data from the outpatient gambling addiction support system in the federal state of Lower Saxony indicates over time, on the one hand, that online gambling is increasingly being reported as the gambling form that causes problems. On the other hand, common risk factors such as migration background, unemployment or low formal education are hardly relevant for online gambling. Finally, the German Addiction Treatment Statistics 2023 for inpatient treatment centres include 1.133 registered single and 458 main diagnoses of “pathological gambling”. At the end of 2023, a total of 245.130 exclusion entries were stored in the database of the player exclusion system OASIS, of which 235.750 (96.2 %) were based on selfexclusion and 9.380 (3.8 %) on third-party exclusion. The database was introduced by the State Treaty on Gambling 2021 (Section 8) on July 1, 2021 as a nationwide central system covering nearly all forms of gambling. Overall, the available scientific findings call for gambling to be treated as a public health issue, similar to other consumer goods with addictive risks (e.g., alcohol or tobacco). The interests of the common good should always take priority over the particular economic interests of the gambling industry
Beschreibung:Literaturverzeichnis: Seite 112-114
Physische Details:Illustrationen
ISBN:9783958539686