Der Schwangerschaftsabbruch zwischen strafrechtlicher (Über-)Regulierung und moralischer Reflexion: Überlegungen zur Reform der §§ 218 ff. StGB = Abortion between criminal (over-)regulation and moral reflection
Die Debatte um die Strafbarkeit des Schwangerschaftsabbruchs wurde zuletzt durch politische Bestrebungen zur Reform des geltenden Rechts wieder intensiviert. Die zu den §§ 218 ff. StGB vorherrschende Rechtsgutskonzeption basiert auf dem Schutz des Fetus im Sinne eines Individualrechtsguts, ist aber...
Autor principal: | |
---|---|
Tipo de documento: | Print Artículo |
Lenguaje: | Alemán |
Publicado: |
2025
|
En: |
Neue Kriminalpolitik
Año: 2025, Volumen: 37, Número: 1, Páginas: 39-50 |
Journals Online & Print: | |
Verificar disponibilidad: | HBZ Gateway |
Palabras clave: |
Sumario: | Die Debatte um die Strafbarkeit des Schwangerschaftsabbruchs wurde zuletzt durch politische Bestrebungen zur Reform des geltenden Rechts wieder intensiviert. Die zu den §§ 218 ff. StGB vorherrschende Rechtsgutskonzeption basiert auf dem Schutz des Fetus im Sinne eines Individualrechtsguts, ist aber nicht frei von Widersprüchen. Der Text analysiert diese Widersprüche anhand der Hypothese, dass unbewusste moralische Normen, die sich der Logik einer individualistischen Vernunft entziehen, den Diskurs beeinflussen. Solche moralischen Erwartungen im sind im Kontext reproduktiver Entscheidungen nicht prinzipiell als Relikte patriarchaler Strukturen zu verwerfen, auch wenn es hier erhebliche Überschneidungen gibt. Menschen kommen nicht als autonome, vernünftige Wesen zur Welt, sondern werden durch frühe soziale Erfahrungen geprägt, die der Fähigkeit zum autonomen Vernunftgebrauch vorausgehen. Normative Konzepte, die das völlig ausblenden, können auf Dauer sozial nicht tragfähig sein. Doch das Recht kann moralische Verhältnisse in einer freiheitlichen Gesellschaft nicht formen, und insbesondere das Strafrecht verstärkt oft eher als zusätzlicher Verdrängungsmechanismus, was nicht zuletzt im Abtreibungsdiskurs sichtbar wird. Von strafbewehrten Verboten des Schwangerschaftsabbruchs sollte der Gesetzgeber deshalb eher Abstand nehmen. The debate on the criminalization of abortion has recently intensified in Germany due to political efforts to reform the existing legal framework. The prevailing concept regarding §§ 218 ff. of the German Criminal Code (StGB) is based on the protection of the fetus as an individual legal interest. As such it is not free from contradictions. This text analyzes these contradictions under the hypothesis that unconscious moral norms, which elude the logic of individualistic reason, influence the discourse. Such moral expectations in the context of reproductive decisions should not be categorically dismissed as mere relics of patriarchal structures, even though significant overlaps exist. Humans are not born as autonomous, rational beings but are shaped by early social experiences that precede the ability to exercise autonomous reason. Normative concepts that entirely disregard this fact may ultimately prove socially unsustainable. However, the law cannot shape moral conditions in a free society, and criminal law, in particular, often serves as an additional mechanism of repression rather than a solution, as is evident in the abortion debate. Therefore, the legislature should largely refrain from imposing criminal prohibitions on abortion. |
---|---|
Notas: | Literaturverzeichnis: Seite 49-50 |
ISSN: | 0934-9200 |