Von Hochverrat zu „Deutschfeindlichkeit“ - politische Kriminalität als Concept Creep = From treason to ‘Germanophobia’ - political criminality as concept creep

Vorliegender Beitrag analysiert den Wandel des staatlichen Konzeptes der „politischen Kriminalität“ seit der Wiedervereinigung. Dieser manifestiert sich in der massiven Erweiterung der behördlichen Definition, die zu Beginn der 1990er im Kern auf Staatsschutzdelikte beschränkt war und in den Folgeja...

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Bibliographic Details
Main Author: Laube, Max (Author)
Format: Electronic Article
Language:German
Published: 2024
In: Kriminologie - das Online-Journal
Year: 2024, Volume: 6, Issue: 4, Pages: [254]-271
Online Access: Volltext (Verlag)
Volltext (kostenfrei)
Rights Information:CC BY 4.0
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Summary:Vorliegender Beitrag analysiert den Wandel des staatlichen Konzeptes der „politischen Kriminalität“ seit der Wiedervereinigung. Dieser manifestiert sich in der massiven Erweiterung der behördlichen Definition, die zu Beginn der 1990er im Kern auf Staatsschutzdelikte beschränkt war und in den Folgejahren schrittweise auf Straftaten der Allgemeinkriminalität ausgeweitet wurde, die durch gruppenfeindliche Vorurteile motiviert sind. Zur Erklärung dieses Prozesses wird das psychologische Concept-Creep- Modell auf den Gegenstandsbereich der politischen Kriminalität transferiert. Aus dieser Perspektive lässt sich der dargestellte Definitionswandel als horizontaler und vertikaler Prozess der Konzepterweiterung beschreiben, der einerseits neue Formen politischer Kriminalität produziert und andererseits subjektivere Definitionskriterien eingeführt hat. Die Ursachen des Definitionswandels liegen in dem politischen Druck begründet, in den der Staat im Rahmen öffentlicher Konflikte gerät und dem er mit entsprechenden Konzepterweiterungen begegnet. Dies hat ambivalente Folgen: Die progressive Erweiterung moralischer Anerkennung droht einen regressiven Kipppunkt zu erreichen, an dem die Ausweitung des Konzeptes der politischen Kriminalität der Relativierung von Unterdrückungsverhältnissen Vorschub leistet.
This paper investigates a shift in the concept of “political crime” in reunified Germany. It analyzes a gradual expansion of the concept, starting with its narrow, state-centered definition in the early 1990s. This definition then was gradually broadened to the point where it now contains a range of bias-motivated crimes. In order to explain these changes, the paper applies the psychology-based model of concept creep to the field of political crime. From this theoretical perspective, the conceptual expansion can take on “horizontal” and “vertical” forms: It expands outward, thereby producing new forms of political crime; and it expands downward as it subjectifies the definition criteria and thereby includes more cases. The cause of this expansion is a discursive shift. The state responds to political pressure in the context of a public conflict over the definition and recognition of political crime. The consequences of this response are ambivalent, as the progressive notion of expanding the moral circle threatens to give way to the relativization of oppression by equating different victim groups.
Item Description:Veröffentlicht am 19.12.2024
Literaturverzeichnis: Seite 270-271
ISSN:2698-6779
DOI:10.18716/ojs/krimoj/2024.4.5