Die Verbreitung antisemitischer Ressentiments unter Jugendlichen und Heranwachsenden in Deutschland: Zusammenhänge mit Migration und Religion
Es werden Ergebnisse einer von März bis Mai 2022 durchgeführten Online-Befragung einer bundesweit repräsentativen Einwohnermeldeamtsstichprobe von N = 3.270 jungen Menschen im Alter von 16 bis 21 Jahren zur Verbreitung und sozialen Verteilung klassischer Formen antisemitischer Einstellungen unter Ju...
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Contributors: | |
Format: | Print Article |
Language: | German |
Published: |
2024
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In: |
Monatsschrift für Kriminologie und Strafrechtsreform
Year: 2024, Volume: 107, Issue: 4, Pages: 307-332 |
Journals Online & Print: | |
Check availability: | HBZ Gateway |
Keywords: |
Summary: | Es werden Ergebnisse einer von März bis Mai 2022 durchgeführten Online-Befragung einer bundesweit repräsentativen Einwohnermeldeamtsstichprobe von N = 3.270 jungen Menschen im Alter von 16 bis 21 Jahren zur Verbreitung und sozialen Verteilung klassischer Formen antisemitischer Einstellungen unter Jugendlichen und Heranwachsenden in Deutschland vorgestellt. 2.1 % der jungen Personen sind danach offen für antisemitische Ressentiments und weitere 2.0 % lassen eindeutig antisemitische Einstellungen erkennen. Damit sind die Prävalenzraten antisemitischer Einstellungen in Bezug auf die Gesamtpopulation der jungen Menschen nur etwa halb so hoch wie dies bei Erwachsenen in demselben Jahr mit den gleichen Messinstrumenten festgestellt werden konnte. Es sind allerdings erhebliche Differenzen für nach Migrationshintergrund und Religionszugehörigkeit bestimmte Teilgruppen zu erkennen. Personen mit Migrationshintergrund weisen signifikant erhöhte Raten antisemitischer Einstellungen auf. Besonders stark ausgeprägt ist das bei jungen Muslim:innen. Multivariate Analysen zeigen weiter, dass die hohe Verbreitung antisemitischer Ressentiments bei jungen Muslim:innen nicht auf deren ebenfalls nachweisbar erhöhten Belastungen durch individuelle Diskriminierungserfahrungen oder die Wahrnehmung einer kollektiven Marginalisierung ihrer Eigengruppe zurückzuführen ist. Wichtige Einflussfaktoren sind, neben geringer Bildung, vor allem eine Neigung zum Verschwörungsglauben sowie eine rigide, fundamentalistische Religionsauffassung. Eine hohe individuelle Religiosität und Gläubigkeit sind hingegen multivariat nicht bedeutsam. Auffallend ist die ganz erhebliche Überrepräsentation von Muslim:innen der ersten Migrantengeneration unter den antisemitisch eingestellten jungen Menschen. Die vorgelegten Befunde haben politische wie auch praktische Implikationen für die Antisemitismusprävention. Sie zeigen, dass die zu erreichende Zielgruppe für Antisemitismusprävention unter jungen Menschen zu erheblichen Teilen aus neu zugewanderten muslimischen Migrant:innen besteht. In this article results of an online survey of a national representative sample of N = 3,270 young people aged 16 to 21 conducted in 2022 on the prevalence of traditional antisemitic prejudices are presented. Analyses show that 2.1 % of young people are open to anti-Semitic resentment and a further 2.0 % display clearly pronounced, manifest anti-Semitic attitudes. These prevalence rates of traditional anti-Semitic prejudice among young people are only about half as high as the rates found in a representative survey of the adult population conducted at the same time using the similar measurement instruments. However, there are considerable differences between certain subpopulations of this age group. Young people with a migration background are significantly more likely to show anti-Semitic attitudes. Rates are particularly high among Muslim migrants. Furthermore, multivariate analyses show that high prevalence rates of antisemitism among young Muslims are not due to their increased experiences of discrimination or their perception of a collective marginalization of their own group. Important risk factors, in addition to low education, are conspiracy mentality and fundamentalist religious beliefs. A high degree of individual faith and spiritual religiosity is not associated with antisemitic attitudes. There is a significant overrepresentation of Muslims from the first generation of migrants among the young people with anti-Semitic attitudes. The findings presented here have certain implications for the prevention of anti-Semitism. It must be taken into consideration that a significant part of the target group among young people to be reached by prevention consists of Muslims who have recently immigrated to Germany. |
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Item Description: | Literaturverzeichnis: Seite 329-332 |
Physical Description: | Illustrationen |
ISSN: | 0026-9301 |