Vorurteilsmotivierte Gewaltkriminalität vor Gericht: eine empirische Analyse der Strafzumessung für Nordrhein-Westfalen 2012 bis 2019 = Judicial responses to bias-motivated violent crimes : an empirical analysis of sentencing in North Rhine-Westphalia

Der Beitrag untersucht empirisch die Bedeutung von Vorurteilsmotivationen für die Strafzumessung bei polizeilich als Hasskriminalität eingestuften Gewaltverbrechen vor und nach der Novellierung von § 46 Abs. 2 StGB im Jahr 2015. Seit der Novellierung werden rassistische und menschenverachtende Motiv...

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Authors: Klärner, Kai-David (Author) ; Weins, Cornelia 1969- (Author)
Format: Print Article
Language:German
Published: 2024
In: Monatsschrift für Kriminologie und Strafrechtsreform
Year: 2024, Volume: 107, Issue: 3, Pages: 232-248
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Summary:Der Beitrag untersucht empirisch die Bedeutung von Vorurteilsmotivationen für die Strafzumessung bei polizeilich als Hasskriminalität eingestuften Gewaltverbrechen vor und nach der Novellierung von § 46 Abs. 2 StGB im Jahr 2015. Seit der Novellierung werden rassistische und menschenverachtende Motive explizit als Strafzumessungsgründe benannt. Unsere Analyse von Daten des Projekts »Vorurteilsmotivierte Gewaltkriminalität in Nordrhein-Westfalen 2012 bis 2019« zeigt, dass Vorurteilsmotivationen nur in rund einem Fünftel der Urteilsschriften strafverschärfend berücksichtigt wurden – nach der Gesetzesnovellierung häufiger (23 %) als zuvor (14 %). Der Anstieg lässt sich statistisch auf Ermittlungsmaßnahmen der Polizei – insbesondere die Auswertung von Mobiltelefondaten – zurückführen, die bei den nach der Novellierung verurteilten Beschuldigten häufiger durchgeführt wurden als zuvor. Wenn Vorurteilsmotive als strafverschärfend anerkannt wurden, dann erhöhten diese das Strafmaß um ca. 50 %. Die strafverschärfende Wirkung von Vorurteilsmotiven war im betrachteten Zeitraum damit ebenso stark wie die einer brutalen Tatausführung und stärker als die anderer Strafzumessungsgründe.
This article conducts an empirical analysis of the impact of bias motivations on sentencing in violent crimes in North Rhine-Westphalia classified as hate crimes by the police, before and after the 2015 amendment to § 46(2) German Criminal Code (StGB). Since the amendment, racist and inhumane motives are explicitly identified as sentencing factors. Our analysis of data from the »Bias-Motivated Violent Crime in North Rhine-Westphalia« project indicates that bias motivations were recognized as aggravating factors in only about one fifth of the verdicts – more frequently after the amendment (23 %) than before (14 %). The increase can be statistically linked to police investigative measures – particular the analysis of mobile phone data – which were conducted more often for defendants after the amendment than before. When bias motives were acknowledged as aggravating, they increased the penalty by about 50 %. Therefore, the aggravating effect of bias motives was as significant as that of a brutal commission of the act and stronger than other sentencing factors during the observed period.
Item Description:Literaturverzeichnis: Seite 245-246
ISSN:0026-9301