Die Rolle von "Waffen" beim Banküberfall: ein Beitrag zur Analyse devianter Handlungssituationen

Überfälle auf Geldinstitute und Geschäftslokale stellen Delikte an der Grenze von Gewalt- und Eigentumskriminalität dar. Aus der Perspektive der soziologischen Handlungstheorie lassen sich solche Straftaten als deviante Interaktionssysteme betrachten, die in face-to-face Situationen stattfinden und...

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Main Author: Schlembach, Christopher (Author)
Format: Electronic Article
Language:German
Published: 2014
In: SIAK-Journal
Year: 2014, Volume: 11, Issue: 2, Pages: 4-16
Online Access: Volltext (kostenfrei)
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Description
Summary:Überfälle auf Geldinstitute und Geschäftslokale stellen Delikte an der Grenze von Gewalt- und Eigentumskriminalität dar. Aus der Perspektive der soziologischen Handlungstheorie lassen sich solche Straftaten als deviante Interaktionssysteme betrachten, die in face-to-face Situationen stattfinden und über Situationsrollen vermittelt werden. Ausgehend von drei wichtigen handlungstheoretischen Ansätzen, der Systemtheorie von Talcott Parsons (Parsons 1951), der Analyse räumlicher Situationsstrukturen von Erving Goffman (Goffman 1971) und des Konzepts der Situationsrolle von Uta Gerhardt (Gerhardt 1971), wird ein zentrales Element derartiger Überfälle analysiert: der Gebrauch von Waffen. "Waffen" meinen Gegenstände, die Gewaltbereitschaft und die Fähigkeit, Gewalt auszuüben, symbolisieren. In Situationen, die von der Normalität abweichen und in der die Darstellung von Absichten und deren tatsächliche Ausführung auch nicht übereinstimmen müssen, können Waffen daher auch die Funktion der Vortäuschung von Gewaltbereitschaft und Gewaltfähigkeit symbolisieren. In einer detaillierten Re-Analyse von empirischem Material (41 qualitative Interviews mit Bankräubern über die Ausführung der Straftat und die Objektwahl), das in einer Studie über Bankraub im Jahr 2008 erhoben wurde, können drei Funktionen von Waffen herausgearbeitet werden: (1) sie eröffnen Tätern den Zugang zu situativen Rollen, in einem devianten Handlungssystem, das sie selbst erst konstituieren müssen, (2) sie erlauben die Kontrolle über eine räumliche Situation (die Umwelt im Sinne Goffmans) und (3) sie helfen bei der Bewältigung von Stress, der durch die Unsicherheit entsteht, in der der Täter nicht weiß, ob das Opfer auch den Anordnungen folgt.
ISSN:1813-3495
DOI:10.7396/2014_2_A