Wenn die Wellen höher schlagen: die Polizei und der Diskurs über Rassismus in unserer Gesellschaft

Am 25. Mai 2020 erstickte in Minneapolis der Afroamerikaner George Floyd unter dem Knie eines weißen Polizeibeamten. Wer dachte, dass solche Vorfälle nur in anderen Ländern passierten, sah sich auch in Deutschland und Österreich schnell mit einer öffentlichen Debatte über rassistische Einstellungen...

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Bibliographic Details
Main Author: Christe-Zeyse, Jochen (Author)
Format: Electronic Article
Language:German
Published: 2022
In: SIAK-Journal
Year: 2022, Volume: 19, Issue: 1, Pages: 30-43
Online Access: Volltext (kostenfrei)
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Description
Summary:Am 25. Mai 2020 erstickte in Minneapolis der Afroamerikaner George Floyd unter dem Knie eines weißen Polizeibeamten. Wer dachte, dass solche Vorfälle nur in anderen Ländern passierten, sah sich auch in Deutschland und Österreich schnell mit einer öffentlichen Debatte über rassistische Einstellungen und Verfahrensweisen von Polizeibeamtinnen und -beamten konfrontiert. Betroffene berichteten über Fälle von "ethnic profiling" und anlasslosen Personenkontrollen, von denen offensichtlich nur Personen betroffen waren, die nicht dem gängigen Klischee eines "Weißen" entsprachen. Das Thema bekam Konjunktur, Journalistinnen und Journalisten schrieben Artikel, Bücher kamen auf den Markt, in Talkshows wurde debattiert, und Ministerien entwarfen Maßnahmenpläne. Doch zeigte sich bald, dass es zu diesem Thema zwei Diskurse zu geben schien: Der eine diskutierte die Frage, wie man Polizeibeamtinnen und -beamte schulen müsste, damit sich Personenkontrollen nicht mehr nur an der Hautfarbe oder der vermuteten Staatsangehörigkeit ausrichteten, während der andere über die Entstehung und Wirkung rassistischer Menschenbilder, über die Geschichte des Kolonialismus und über die Ausprägungen von rassistischen Denkmustern sprechen wollte, wie sie in den Köpfen aller weißen Menschen wirksam sind. Vorwürfe wurden laut und Gegenargumente, Beteuerungen weißer Menschen, sie seien keine Rassisten, stießen auf die Ergebnisse wissenschaftlicher Studien, mit denen gezeigt werden konnte, dass tief in uns durchaus Kriterien wirksam sind, nach denen wir Menschen, die uns ähnlich sind, von Menschen unterscheiden, die wir als "anders" wahrnehmen. Doch die Diskussion über Rassismus begann nicht erst mit "Black Lives Matter", sondern schon lange vorher; sie füllt viele Regalmeter mit Publikationen und verfügt inzwischen über einen ausformulierten und ausdifferenzierten theoretischen Unterbau, den man grob verstanden haben sollte, wenn man sich auf diesen Diskurs einlassen und gemeinsam Lösungsmöglichkeiten erarbeiten möchte.
ISSN:1813-3495
DOI:10.7396/2022_1_C