Rechtsgüterschutz und Normgeltung: zur Funktion des Rechtsguts im Schuldstrafrecht

Die bestehenden Differenzen zwischen Anhängern des Rechtsgüterschutzes und jenen des Normgeltungsschutzes beruhen nicht zuletzt auf der mitunter paradoxal anmutenden Richtigkeit beider Prämissen. Für die Wohlbegründetheit des Rechtsgüterschutzdenkens spricht der phänomenologische Charakter von Straf...

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Main Author: Vogel, Benjamin (Author)
Format: Electronic Article
Language:German
Published: 2017
In: Zeitschrift für die gesamte Strafrechtswissenschaft
Online Access: Volltext (Verlag)
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Summary:Die bestehenden Differenzen zwischen Anhängern des Rechtsgüterschutzes und jenen des Normgeltungsschutzes beruhen nicht zuletzt auf der mitunter paradoxal anmutenden Richtigkeit beider Prämissen. Für die Wohlbegründetheit des Rechtsgüterschutzdenkens spricht der phänomenologische Charakter von Strafe. Strafe „provoziert“ offenbar „die Frage ‚wofür‘, nicht, oder jedenfalls nicht in erster Linie, die Frage ‚wozu. Bestrafung kennzeichnet sich also in der Regel durch ein Verantwortlichmachen des Täters für eine durch ihn bewirkte tatsächliche Gefährdung oder Verletzung seiner Umwelt aus. Die Rechtswidrigkeit einer Tat ist zwar Voraussetzung ihrer Bestrafung. Spätestens auf der Ebene der Strafzumessung tritt jedoch die Bedeutung der Normverletzung hinter der Bedeutung des empirischen Geschehens zurück. Der Kern des strafrechtlichen Vorwurfs ist demnach offenbar nicht in der Infragestellung der Normengeltung, sondern im faktischen Schädigungspotential der Tat zu verorten. Für eine Begründung von Strafe mit dem Schutz von Normgeltung spricht hingegen der zukunftsgewandte Charakter von Strafe. Staatlicher Strafe kann es nicht um eine sinnentleerte Reaktion auf historische Schäden gehen. Kriminalstrafe erbringt vielmehr einen vorausschauenden Beitrag zu einem geordneten gesellschaftlichen Miteinander.
ISSN:1612-703X
DOI:10.1515/zstw-2017-0033