Zum Stand, zur Notwendigkeit und zu den Aussichten der Prozessfehler- und Fehlurteilsforschung

Fehlurteile wurden im bundesdeutschen Wissenschaftsdiskurs lange kaum thematisiert, weder aus einer strafprozessualen noch aus einer kriminalsoziologischen Perspektive. Die vor Jahrzehnten hierzu durchgeführten (und zum Teil durchaus bemerkenswerten) Studien I haben keine Nachfolger gefunden, auch a...

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Bibliographic Details
Main Author: Kölbel, Ralf (Author)
Contributors: Puschke, Jens ; Singelnstein, Tobias
Format: Electronic/Print Article
Language:German
Published: 2019
In: Goltdammer's Archiv für Strafrecht
Year: 2019, Volume: 166, Issue: 2, Pages: [129]-148
Online Access: Volltext (kostenfrei)
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Rights Information:InC 1.0
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Description
Summary:Fehlurteile wurden im bundesdeutschen Wissenschaftsdiskurs lange kaum thematisiert, weder aus einer strafprozessualen noch aus einer kriminalsoziologischen Perspektive. Die vor Jahrzehnten hierzu durchgeführten (und zum Teil durchaus bemerkenswerten) Studien I haben keine Nachfolger gefunden, auch als sie aufgrund der juristischen und forensischen Entwicklungen ihre Aktualität zu verlieren begannen. Dies wiederum nährte die unterschwellige Überzeugung, dass eine untersuchungsbedürftige Fehlurteilsproblematik hierzulande kaum bestehe - eine Annahme, die beispielsweise noch 2015 in der schulterzuckenden Gleichgültigkeit sichtbar wurde, mit der die sog. »StPO-Expertenkommission« das geltende Wiederaufnahmerecht für das der Problematik angemessene Rechtsregime hielt. 2 Zumindest in Ansätzen wird dem Thema inzwischen allerdings doch wieder eine gewisse Aufmerksamkeit zuteil. Zwei wissenschaftliche Schwerpunkthefte und drei Tagungen befassten sich in den letzten fünf Jahren mit fehlurteilsbezogenen Fragen. Auch liegen inzwischen die Ergebnisse von drei kleinen, dafür aber einschlägigen und vor allem aktuellen Erhebungen vor. Da das Wissen um die Phänomenologie und Prävalenz von Fehlurteilen in Deutschland aber trotzdem noch ausgesprochen defizitär ist, muss zur Problemabschätzung auf internationale Befunde zurückgegriffen und deren Übertragbarkeit erwogen werden. Folglich präsentiert der vorliegende Beitrag einen Überblick über den Stand der internationalen Forschung, prüft deren Relevanz für den deutschen Strafprozess und gibt einen Ausblick auf die erforderlichen juristischen und empirischen Analysen.
ISSN:0017-1956
DOI:10.15496/publikation-77597