Gewalttaten psychisch Kranker: ist die Allgemeinpsychiatrie zuständig oder die forensische Psychiatrie?

Nur eine Minderheit psychisch Kranker fällt durch gewalttätige Handlungen auf. Gleichwohl besteht seit Urzeiten eine gewisse Angst vor der vermeintlichen Unberechenbarkeit psychisch Kranker, insbesondere vor Menschen, die unter einer Psychose leiden. Die Schaffung der Psychiatrie als eigenständiges,...

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Bibliographic Details
Main Author: Kröber, Hans-Ludwig 1951- (Author)
Format: Electronic/Print Article
Language:German
Published: 2016
In: Forensische Psychiatrie, Psychologie, Kriminologie
Year: 2016, Volume: 10, Issue: 4, Pages: 227-232
Online Access: Volltext (doi)
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Description
Summary:Nur eine Minderheit psychisch Kranker fällt durch gewalttätige Handlungen auf. Gleichwohl besteht seit Urzeiten eine gewisse Angst vor der vermeintlichen Unberechenbarkeit psychisch Kranker, insbesondere vor Menschen, die unter einer Psychose leiden. Die Schaffung der Psychiatrie als eigenständiges, medizinisches Fach diente von Anfang an in besonderem Maße dem Ziel, für gefährlich erachtete Kranke von der Gesellschaft zu separieren und sie in Anstalten zu verwahren, um sie dort entweder zu heilen oder relevant zu bessern oder aber dauerhaft zu behalten. Die Bewegung der Enthospitalisierung seit den 1970er-Jahren, die wiederum eine Folge der Revolutionierung der Behandlungsmöglichkeiten durch die modernen Neuroleptika und Antidepressiva war, führte zu einer markanten Auftrennung zwischen Allgemeinpsychiatrie und forensischer Psychiatrie, sowohl institutionell (allgemeinpsychiatrische Kliniken mit Verweildauern von wenigen Wochen, psychiatrischer Maßregelvollzug mit Verweildauer von vielen Jahren) als auch zunehmend in den wissenschaftlichen Diskursen. Erforderlich ist aber für eine Krankenversorgung, die den Patienten und auch der öffentlichen Sicherheit gerecht wird, eine enge Kooperation, bei der die Allgemeinpsychiatrie nach wie vor erhebliche Sicherheitsaufgaben zu übernehmen hat, wobei sie von der Forensik lernen kann, während sich der Maßregelvollzug rascher die Therapieerfahrungen der Allgemeinpsychiatrie aneignen muss.
ISSN:1862-7072
DOI:10.1007/s11757-016-0387-y