Resozialisierung, Suchtmittelfreiheit und Legalbewährung nach einer Unterbringung gem. § 64 StGB: ein mehrdimensionaler und kontrollierter Vergleich der Entlassgruppen Bewährung und Erledigung wegen Aussichtslosigkeit = Resocialization, substance use and legal probation after placement in accordance with Sec. 64 of the German Criminal Code : a multidimensional and controlled comparison of patients with regular vs. premature release

Das Maßregelrecht sieht einzig für eine Unterbringung in der Entziehungsanstalt gem. § 64 StGB die Möglichkeit einer vorzeitigen Erledigung wegen Aussichtslosigkeit vor. Auf diese Weise werden gut 40 % aller Untergebrachten bundesweit entlassen, obwohl bekannt ist, dass diese Entlassform mit einem...

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Detalles Bibliográficos
Autor principal: Querengässer, Jan (Autor)
Otros Autores: Bezzel, Adelheid ; Schögl, Christian
Tipo de documento: Print Artículo
Lenguaje:Alemán
Publicado: 2025
En: Monatsschrift für Kriminologie und Strafrechtsreform
Año: 2025, Volumen: 108, Número: 1, Páginas: 25-41
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Gargar...
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Sumario:Das Maßregelrecht sieht einzig für eine Unterbringung in der Entziehungsanstalt gem. § 64 StGB die Möglichkeit einer vorzeitigen Erledigung wegen Aussichtslosigkeit vor. Auf diese Weise werden gut 40 % aller Untergebrachten bundesweit entlassen, obwohl bekannt ist, dass diese Entlassform mit einem erhöhten Risiko erneuter Delinquenz verbunden ist. Jenseits dessen ist über die Wiedereingliederung dieser Gruppe in die Gesellschaft wenig bekannt, ebenfalls finden sich keine kontrollierten Studien, die die Lebensverläufe von Untergebrachten nach forensischer Suchtbehandlung in Abhängigkeit von der Entlassart multidimensional vergleichen. Die vorliegende Untersuchung stützt sich auf eine 15-Jahres-Entlasskohorte einer bayerischen Maßregelvollzugsklinik und untersucht anhand verschiedener Indikatoren Resozialisierung, Suchtmittelkonsum und Legalbewährung von Untergebrachten, die entweder zur Bewährung direkt aus der Klinik oder nach einer Aussichtslosigkeitserledigung aus anschließender Strafhaft entlassen wurden. Mittels eines Fall-Kontrollabgleichs anhand der Matchingparameter Geschlecht, Hauptdelikt, Vordelinquenz, Lebensalter bei erster Straftat sowie Lebensalter bei Entlassung wurden 230 Paarungen erstellt und miteinander verglichen. Trotz des kontrollierten Ansatzes, der den Einfluss initialer Risikofaktoren minimiert, schneidet die Gruppe der nach einer Aussichtslosigkeitserledigung Entlassenen in fast allen erhobenen Maßen schlechter ab: mehr als die Hälfte begeht im einjährigen Katamnesezeitraum erneute Straftaten, fast 40 % gelten als Dauerkonsumenten und fast 60 % sind erwerbslos. Dennoch stellen schwere Rückfalldelikte in beiden Gruppen seltene Ereignisse dar. Es wird diskutiert, inwiefern auch ungünstigere Ausgangsbedingungen bei Haftentlassungen und eingeschränkte spezifisch forensische Nachsorgemöglichkeiten den Misserfolg der Reintegration dieser Gruppe beeinflussen könnten. Im Sinne einer Risikoanalyse sollten die potentiellen Effekte einer Aussichtslosigkeitserledigung in anstehende Entscheidungen über Therapieabbrüche in forensischer Suchtbehandlung mit einfließen. Es wäre jedoch verkürzt, aus den vorliegenden Befunden eine weitere Verschärfung der Eingangsvoraussetzungen für § 64 StGB abzuleiten. Der Fokus sollte darauf liegen, Behandlungsabbrüche zu vermeiden – und nicht Behandlungen an sich.
According to Section 64 of the German Criminal Code (StGB), the German legal system offers to courts the possibility to place drug addicted offenders in a forensic hospital specialized on addiction treatment. This disciplinary measure can be terminated prematurely if there is no longer a prospect of success. In this way, a good 40 % of all inmates are released nationwide, although it is known that this form of release is associated with an increased risk of reoffending. Beyond this, little is known about the reintegration of this group into society, nor are there any controlled studies that compare the life courses of inmates after forensic addiction treatment in a multidimensional way depending on the type of release. The present study is based on a 15-year discharge cohort from a Bavarian forensic psychiatric clinic and uses various indicators to examine the resocialization, substance use and legal probation of inmates who were either released directly from the clinic on probation or from subsequent imprisonment after being discharged from the forensic hospital due to a lack of prospect of success. Using a case-control comparison based on the matching parameters of sex, main offense, previous delinquency, age at first offense and age at release, 230 pairings were created and compared with each other. Despite the controlled approach, which minimizes the influence of initial risk factors, the latter group performs worse in almost all measures collected: more than half commit new offences in the one-year follow-up period, almost 40 % are considered permanent consumers and almost 60 % are unemployed. Nevertheless, serious recidivism is a rare occurrence in both groups. The extent to which less favorable initial conditions upon release from prison and limited specific forensic aftercare options could also influence the failure of reintegration in this group is being discussed. In the sense of a risk analysis, the potential effects of a premature release due to a lack of prospect of success should be taken into account in upcoming decisions on treatment discontinuation in forensic addiction treatment. However, it would be short-sighted to derive a further tightening of the prerequirements for Sect. 64 StGB from the available findings. The focus should be on avoiding treatment dropouts – and not on treatments per se.
Notas:Literaturverzeichnis: Seite 41
Descripción Física:Illustrationen
ISSN:0026-9301