Digitalisierung im Gefängnis: eine multiperspektivische Betrachtung der Ausweitung des Zugangs zu digitalen Geräten für Inhaftierte im österreichischen Straf- und Maßnahmenvollzug

Der Strafvollzug wird international zunehmend digitalisiert. In vielen Ländern haben Strafgefangene bereits Zugang zu digitalen Geräten. Forschung zu »digital rehabilitation« zeigt die Chancen auf, die sich dadurch für die Verbesserung der Haftbedingungen und die Resozialisierung ergeben. Vor diesem...

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Authors: Hofinger, Veronika 1972- (Author) ; Pflegerl, Philipp (Author)
Format: Print Article
Language:German
Published: 2024
In: Monatsschrift für Kriminologie und Strafrechtsreform
Year: 2024, Volume: 107, Issue: 2, Pages: [180]-192
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Summary:Der Strafvollzug wird international zunehmend digitalisiert. In vielen Ländern haben Strafgefangene bereits Zugang zu digitalen Geräten. Forschung zu »digital rehabilitation« zeigt die Chancen auf, die sich dadurch für die Verbesserung der Haftbedingungen und die Resozialisierung ergeben. Vor diesem Hintergrund sollen auch in Österreich Inhaftierte erweiterten Zugang zu digitalen Technologien erhalten. In Vorbereitung eines Pilotprojekts wurden 39 (zum Teil ehemalige) Inhaftierte in problemzentrierten Interviews, über 600 im Strafvollzug Beschäftigte in einer Online-Befragung und 15 Fachleute zu den Chancen und Risiken der Digitalisierung befragt. In diesem Artikel werden die Ergebnisse dieser Erhebungen präsentiert und miteinander in Beziehung gesetzt. Die Befragungen zeigen, dass in einigen Bereichen überraschend viel Einigkeit besteht; gleichzeitig unterstreichen die Ergebnisse der Personalbefragung, dass innerhalb der Justizwache ein großes Bewusstsein für die Sicherheitsrisiken der Digitalisierung besteht. Der Artikel stellt eine sozialwissenschaftliche Analyse der Bedingungen für eine sinnvolle und breit akzeptierte Ausweitung des Zugangs zu digitalen Geräten für Inhaftierte dar. Das Ziel der Resozialisierung darf dabei nicht als Legitimation für die Implementierung von digitalen Technologien verwendet werden, mit denen de facto andere Ziele, wie der Ausbau von Überwachung und Kontrolle, verfolgt werden. Bedenken und Widerstände eines Teils des Personals müssen zwar berücksichtigt werden, sollten jedoch nicht dazu führen, dass Inhaftierten auf Dauer der Zugang zu heute selbstverständlichen Tools und Kompetenzen einer digitalen Gesellschaft vorenthalten wird.
In many countries, prisoners already have access to digital devices. Research on digital rehabilitation highlights the opportunities it presents for prisoner rehabilitation and the enhancement of prison conditions. With these findings in mind, prisoners in Austria are to be given extended access to digital technologies in the future. In preparation of a pilot project, 39 current and former inmates were interviewed, over 600 prison staff members participated in an online survey, and 15 experts were consulted regarding the potential and the risks of digitilization. This article presents the research findings and argues for the adoption of a multi-perspective approach that considers varying interests and viewpoints when contemplating digital transformation within prison systems. The surveys indicate significant consensus in some areas regarding the benefits and drawbacks of digital tools in prisons. However, the staff survey results emphasize the prison staff’s awareness of the security risks associated with digitilization. This article therefore subsequently analyzes the conditions for a meaningful and widely accepted expansion of prisoners’ access to digital devices. In this context, the intention of improving rehabilitative opportunities should not be used as a mere justification for the implementation of digital technologies that primarily serve other purposes, such as surveillance and control. While addressing staff concerns is essential, it should not result in a permanent denial of prisoners’ access to the tools and skills of today’s society.
Item Description:Literaturverzeichnis: Seite 192
ISSN:0026-9301