Ermittlungsarbeit mit kriminalitätstraumatisierten Personen

Verbrechen sind sowohl für deren Opfer als auch für die zufälligen Zeugen einschneidende Erlebnisse. Nicht selten werden hierbei ihre bisherigen Grundannahmen massiv erschüttert. Je nach Vorerfahrungen, psychischer Stabilität, Alter und sozialer Resilienz kann die Begegnung mit Kriminalität - insbes...

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Main Author: Petzoldt, Veit (Author)
Format: Electronic Article
Language:German
Published: 2021
In: SIAK-Journal
Year: 2021, Volume: 18, Issue: 2, Pages: 39-52
Online Access: Volltext (kostenfrei)
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Description
Summary:Verbrechen sind sowohl für deren Opfer als auch für die zufälligen Zeugen einschneidende Erlebnisse. Nicht selten werden hierbei ihre bisherigen Grundannahmen massiv erschüttert. Je nach Vorerfahrungen, psychischer Stabilität, Alter und sozialer Resilienz kann die Begegnung mit Kriminalität - insbesondere als Opfer von Gewaltkriminalität - von temporären oder partiellen Vermeidungshandlungen bis hin zu traumatischen Wesensveränderungen führen. Wissenschaftliche Studien, hauptsächlich zum Wohnungseinbruch und zum sexuellen Missbrauch, untermauern inzwischen die Erfahrungen aus dem Dienstbetrieb. In diesem Beitrag soll es um die Konsequenzen der gewonnenen Erkenntnisse für die polizeiliche Ermittlungsarbeit gehen. Nicht nur bei der Arbeit mit traumatisierten Opfern von Gewaltverbrechen muss die Polizei, um erfolgreich sein zu können, besonders geschult vorgehen. Auch bei der Befragung von Zeugen, die oft selbst geschockt sind und an Schuldgefühlen leiden, erscheint ein hohes Maß an psychologischem Einfühlungsvermögen geboten. Erst recht ist ein solches notwendig, wenn es sich dabei um Minderjährige handelt, oder aber Personen befragt werden sollen, die der Amtssprache nicht mächtig sind. Es kann im Folgenden nicht darum gehen, aus Polizisten auch noch Traumaexperten machen zu wollen. Es soll aber darum gehen, ihnen ein Handwerkszeug für die Verbrechensaufklärung zu geben, wenn Opfer, Zeugen oder gar gefasste Täter traumatisiert sind oder zu sein scheinen. Des Weiteren gibt dieser Artikel eine Vielzahl an Hinweisen zur Psychoedukation, zur Stärkung der Resilienz und zum Erhalt der Gesundheit für die ermittelnden Beamten, deren hoher ethisch-moralischer Selbstanspruch häufig sogar für die Berufswahl entscheidend war. Ihnen fällt es mitunter schwer, nicht vom Mitgefühl ins Mitleid zu driften und Ohnmacht nicht in Wut umschlagen zu lassen. Solche Übersprungreaktionen sind menschlich vollkommen nachvollziehbar, dennoch gefährden sie das eigene Wohlergehen und eine erfolgreiche Ermittlungstätigkeit gleichermaßen.
ISSN:1813-3495
DOI:10.7396/2021_2_D