Opfer von Hassverbrechen: Fremdenfeindlichkeit in viktimologischer Perspektive

Hassverbrechen werden in leichten, mittelschweren und schwersten Formen verübt. Ein Beispiel für die schwerste Form sind die Angriffe auf das World Trade Center in New York City und das Pentagon in Washington D.C. am 11. September 2001. Obgleich das viktimologische Konzept der Hassverbrechen auch au...

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Main Author: Schneider, Hans Joachim (Author)
Format: Print Article
Language:German
Published: 2001
In: Monatsschrift für Kriminologie und Strafrechtsreform
Year: 2001, Volume: 84, Issue: 5, Pages: 357-371
Check availability: HBZ Gateway
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Description
Summary:Hassverbrechen werden in leichten, mittelschweren und schwersten Formen verübt. Ein Beispiel für die schwerste Form sind die Angriffe auf das World Trade Center in New York City und das Pentagon in Washington D.C. am 11. September 2001. Obgleich das viktimologische Konzept der Hassverbrechen auch auf diese schwerste Form, das Organisations-Hassverbrechen, zutrifft, werden im folgenden Beitrag leichtere bis mittelschwere Erscheinungsformen gegen Bevölkerungsminderheiten erörtert, die freilich mit den schwersten Formen in enger Wechselwirkung stehen. Denn Hassdelikte sind Straftaten, die sich gegen den symbolischen Status des Opfers, seine Rasse, seine Religion, seine ethnische Zugehörigkeit richten. Sie verursachen auch in leichten bis mittelschweren Formen erhebliche physische, psychische und soziale Schäden und stellen Angriffe auf die Menschen- und Verfassungsrechte des Opfers und der Mit-Opfer dar. Sie gefährden die demokratisch-rechtsstaatliche Ordnung in einer pluralistischen Gesellschaft. Täter und Opfer sind zumeist junge Männer, die einander fremd sind. Hassdelikte sind "Botschafts"-Verbrechen, die der Opfergruppe signalisieren, dass sie unerwünscht ist. Nicht selten reagieren Personen im sozialen Nahraum des Opfers und in der Kriminaljustiz verständnislos und gleichgültig auf Hassverbrechen. Deshalb ist die Anzeigebereitschaft der Opfer gering. Hassverbrechen werden durch Fremdenfeindlichkeit und Gruppen-Macht-Konflikte in der Gesellschaft verursacht. Der wichtigste Erklärungsansatz ist freilich die Theorie des kognitiv-sozialen Lernprozesses, in dem die Täter ihre Hass-Gewalteinstellung eigenverantwortlich lernen, um sie bei günstiger Gelegenheit gegenüber einem verwundbaren Opfer auszuagieren. Hassverbrechen sind nur zu kontrollieren, wenn den Tätern ihre volle Verantwortlichkeit unmissverständlich klar gemacht wird. Sie müssen durch intensives kognitives Verhaltenstrainung ihre rassistischen Vorurteile und ihren Fremdenhass verlernen. Die Selbstbehauptungsschwäche der Opfer, die durch ihr Opferwerden entstanden ist, muss behandelt werden, um Re-Viktimisierung zu vermeiden
ISSN:0026-9301